Auf dem Weg zum Smart Home mit Loxone
Wer unseren Blog kennt, hat bestimmt schon bemerkt, dass wir viel und gerne über Homematic berichten. Da jedes System aber auch seine Schwächen hat, war ich sehr neugierig auf Loxone. Freundlicherweise hat die Firma Loxone Electronics GmbH mir für einen begrenzten Zeitraum einen Demokoffer zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise konnte ich mir das System in aller Ruhe ein paar Wochen anschauen, um jetzt darüber zu berichten.
In diesem Artikel möchte ich jedem Loxone-Interessierten einen kleinen Einblick in das System geben. Dabei werde ich auf Hardware und Software eingehen und das System mit anderen Herstellern vergleichen.
Das Konzept hinter Loxone
Loxone ist primär als Komplettlösung für Neubaten gedacht. Die Planung und Installation soll dabei durch erfahrene Loxone Partner durchgeführt werden. Bei den Partnern handelt es sich um eigenständige Firmen, die von Loxone geschult wurden und bereits Erfahrungen in dem Bereich haben. Über eine Partnersuche auf der Loxone Webseite können Partner in der Nähe gefunden werden. Aufgrund der anderen Verkabelung gegenüber einer konventionellen Elektroinstallation, ist der Aufbau eines Smarthomes bei Neubauten am einfachsten. Das gilt übrigens auch für alle anderen Systeme!
Über eine Funkschnittstelle können zusätzlich auch drahtlose Komponenten angebunden werden. Wurde also vergessen am Bett einen Lichtschalter einzuplanen und es liegt kein entsprechendes Kabel, kann einfach ein Funkschalter an die Wand geklebt werden. Über eine komplett kabellose Zentrale (Miniserver Go) können allerdings auch reine Funknetze aufgebaut werden. Auf diese Weise lässt sich Loxone auch in eine bereits bestehende Elektroinstallation integrieren. Natürlich ist es dann schwerer, die volle Leistungsfähigkeit zu bekommen.
Das folgende Video von Loxone zeigt ein wenig, wie das Leben im Smarthome aussieht. Bei dem Haus in dem Video handelt es sich übrigens um das „Loxone Showhome“ in Kollerschlag (Österreich). Es kann von Interessierten besichtigt werden, ich würde aber vorher einen Termin vereinbaren ;)
Ein letzter Punkt noch: Die Kosten. Leider lassen sich die Komponenten fast nur im eigenen Shop erwerben, ein paar wenige finden sich auch bei Amazon. Auf den ersten Blick ist es teurer als z.B. Homematic, dafür wird allerdings wesentlich bessere Software kostenlos mitgeliefert (dazu später mehr).
Die Kosten für eine Zentrale sind mit ca. 500 € zwar wesentlich höher als die für eine Homematic CCU2, aber man muss auch sehen, dass nur eine Zentrale pro Haus benötigt wird. Die Kosten für z.B. die gläsernen Touch-Lichtschalter, sind mit ca. 180 € wieder Fair. Das Loxone Konzept sieht einen Multifunktionsschalter pro Raum vor (für Licht, Audio, Jalosien, Abwesenheit, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Nachtlicht). Wen die Kosten auf den ersten Blick abschrecken, empfehle ich unbedingt eine Vergleichsrechnung oder ein Gespräch mit einem Loxone Partner. Eventuell ergibt sich durch nur geringe Mehrkosten ein wesentlich besseres Endergebnis.
Übersicht der Loxone Hardware
Die klassische Installation beginnt mit einer Zentrale, dem sogenannten Miniserver. Diesen gibt es für die Hutschiene und als Miniserver Go als reine Funkzentrale. Bleiben wir aber erst mal bei der Hutschiene. Der Miniserver übernimmt als Zentrale den gesamten Programmablauf und koordiniert alle Geräte.
Er verfügt über folgende Schnittstellen:
- LAN
- Digitale Eingänge
- Analoge Eingänge (0…10V, 10 Bit Auflösung)
- Analoge Ausgänge (0…10V, 12 Bit Auflösung)
- Relaisausgänge (250V AC, max. 5 A)
- KNX/EIB
- 24V Versorgung
- Link (zur Anbindung von Extensions)
Somit lässt sich alleine mit dem Miniserver schon einiges machen. Je nach Ausstattung können damit zwei bis drei Räume gesteuert werden. Die vollständigen technischen Daten finden sich hier.
Über den Link-Kanal können über einen eigenen Bus die sogenannten Extensions angebunden werden. Wer Funkkomponenten benutzen will, muss also Air Base Extension anschließen (nicht den Miniserver Go). RGBW Lampen oder Streifen würden logischerweise eine RGBW Extension benötigen. Licht kann alternativ auch über Dali oder DMX gesteuert werden (mit der jeweiligen Extension).
Die Anbindung der Geräte in den einzelnen Räumen (z. B. Schalter oder Sensoren) erfolgt entweder über die I/O Anschlüsse oder über Loxone Tree.
Bei Tree handelt es sich um einen eigenen Bus, der weder der Stern noch Linientopologie folgt. Er kann eher Baumförmig aufgebaut werden. Um Tree verwenden zu können, wird eine Tree Extension benötigt, welche gleich zwei Kanäle bzw. „Äste“ zur Verfügung stellt. Allerdings werden auch ein paar Komponenten auf der Hutschiene via Tree angebunden (z.B. der RGBW Controller). Pro Ast/Kanal können 50 Geräte angeschlossen werden. Sinnvoll wäre also Beispielsweise ein Ast pro Etage. Weitere Details zur Tree-Technologie finden sich auf der entsprechenden Loxone Seite.
Sehr positiv aufgefallen ist mir direkt die integrierte KNX/EIB Anbindung. Wer also möchte, kann auch auf andere Systeme zurückgreifen. Über die Extensions lassen sich weitere Systeme wie Dali, DMX, Modbus oder EnOcean integrieren. Erfahrungsgemäß ist es aber immer Sinnvoller, bei einer Technologie zu bleiben. Dann passt alles am besten zusammen.
Überblick über die Loxone Software
Hier wird es endlich richtig spannend. Loxone stellt eine Konfigurationssoftware für Windows PCs zur Verfügung. Diese ist notwendig um Geräte anzulernen, Konfigurationsarbeiten durchzuführen und um den Programmablauf zu erstellen.
Zur Visualisierung wird eine App für Android und iOS Smartphones und Tablets angeboten. Zusätzlich gibt es noch eine Visualisierungssoftware für den Mac und eine für Windows 10 als Universal App (also für Tablets gedacht). Wie bereits Anfangs erwähnt, jede Software ist komplett kostenlos! Wer interessiert ist, kann sich die App einfach installieren und beim Start mit einem Demoserver verbinden. Somit kann ein wenig mit der App gespielt werden, ohne dass Hardware gekauft werden muss.
[appbox googleplay com.loxone.kerberos] [appbox appstore 924399400]Die Loxone Software und deren Updates sind für den Kunden kostenlos, natürlich auch die App. Nicht nur der DNS-Service, sondern auch der Mailer-Service sind mit keinen Kosten verbunden. Hierbei ist es lediglich notwendig den Miniserver auf der Loxone Webseite zu registrieren.
Der Caller Service und Wetter Service können 30 Tage kostenlos getestet werden und wer will kann dann kostenpflichtig buchen.
Das Loxone Config Tool
Bei Loxone Config handelt es sich um die Konfigurationssoftware von Loxone. Da diese sehr umfangreich ist, bekommt sie ein eigenes Kapitel. Dies soll kein vollständiges Tutorial werden, aber einen Einblick in die Leistungsfähigkeit und die Möglichkeiten geben.
Die Software kann kostenlos hier heruntergeladen werden. Im Downloadbereich ist auch ein kleines Video verlinkt, welches die Software kurz vorstellt.
Wer in der Vergangenheit schon mal mit einer SPS gearbeitet hat, wird sich sehr schnell zurechtfinden. Grundsätzlich muss einmalig die Verbindung zum Miniserver eingerichtet werden. Anschließend werden alle Geräte vom Miniserver gesucht. Nachdem alle Geräte benannt sind und einem Raum zugeordnet wurden, kann die Programmierung beginnen. Dabei setzt Loxone auf eine Graphische Programmierung mittels Blöcken. Wenn alles fertig ist, wird das Programm in den Miniserver geladen.
Um Fehler im Programm zu finden (debuggen) kann das Blockdiagramm Live geschaltet werden, dann werden alle Zustände an den Verbindung Live angezeigt. Sehr nice :)
Der folgende Screenshot zeigt mein geöffnetes Testprojekt:
Das Auswählen von RGB-Lichtszenen würde Programmtechnisch z.B. so aussehen:
Ein Impuls auf dem Eingang I4 würde zur nächsten Szene wechseln. Die Einstellungen der Szenen werden in dem Baustein über einen Doppelklick vorgenommen. Das kleine „i“ in der rechten oberen Ecke öffnet eine kleine Hilfe, die die Ein- und Ausgänge beschreibt. Sehr hilfreich und gut umgesetzt! Im Falle der RGB-Lichtszene, sieht das z. B. so aus:
Für die technisch versierten Benutzer gibt es neben vorgefertigten Bausteinen, wie der RGB-Lichtszene, auch grundlegende Logik Funktionen (AND, OR, XOR, …), Zählerbausteine und Regelfunktionen. Als Elektroingenieur blühte mein Herz direkt auf, darum folgt ein Screenshot:
Über virtuelle Eingänge (v. Ausgänge gibt es auch) können Webseiten geladen werden und spezielle Informationen geparst werden.
Somit könnte der Miniserver zyklisch einen Aktienkurs abfragen und bei Unterschreiten eines Wertes einen Alarm auslösen und den Fernseher ausschalten. Ich will damit sagen: Das System ist wesentlich flexibler und leistungsfähiger als die Webseite des Herstellers auf den ersten Blick vermittelt.
Vergleich zu anderen Smarthome Systemen
Ein wichtiger Punkt ist, dass Loxone ein in sich sehr geschlossenes System ist. Die Komponenten halten sich an keinen Standard und können somit nur bei einem Hersteller gekauft werden. Abgesehen natürlich von Komponenten die über I/O Schnittstellen eingebunden werden. Es können zwar Fremdsysteme eingebunden werden, aber wer KNX haben will, wird auch KNX kaufen. Das Risiko ist also immer, dass es vielleicht irgendwann mal keine Ersatzteile mehr gibt.
Genau so verhält sich das aber auch bei Homematic, Philips Hue, Bosch Smart Home, …. Wer einen offenen Standard haben will, muss auf KNX oder EIB setzen. Nachteil: Man setzt auf Systeme, die aus einer Zeit kommen, in der es darum ging, Bürogebäude zu automatisieren. Viele Spielereien fallen dabei weg, dafür können Ersatzteile auch von anderen Herstellern gekauft werden.
Der Vorteil einer proprietären Lösung ist nun mal, dass alle Komponenten perfekt auf einander abgestimmt sind und der Hersteller sich ein Konzept ausgedacht hat und es komplett umsetzen kann.
Hinzu kommt, dass Loxone das mir einzig bekannte System ist, welches eine Integration von Musikwiedergabe berücksichtigt (abgesehen von sowas wie Google Home oder Amazon Echo). Für diesen zweck gibt es die Loxone Music Server mit einer unterschiedlichen Anzahl an Zonen.
Diese können für Audioausgaben vom System (Türklingel, Alarm, …) oder einfach zur Musikwiedergabe verwendet werden. Zur Musikwiedergabe wird Spotify, Google Play Music und TuneIn unterstützt. Zusätzlich kann das Gerät lokal abgespeicherte Musik wiedergeben oder Streams von Apple Airplay empfangen. Über die Multifunktionsschalter kann in jedem Raum die Musik gesteuert werden, ohne dass sich ein Verstärker im Raum befindet. Dieser befindet sich Zentral in einem Technikraum und wird direkt mit den Lautsprechern verbunden. Das 7.2 Soundsystem am Fernseher kann man damit natürlich nicht ersetzen.
Vergleich Loxone und Homematic
Da wir viel über Homematic schreiben, kann ich mir diesen Vergleich nicht verkneifen. Ein Vergleich zu Philips Hue oder ähnlichem macht aus meiner Sicht keinen Sinn, da diese Systeme viel zu einfach sind und einen ganz anderen Ansatz verfolgen.
Homematic hat in der Welt der Elektroinstallateure den Ruf als „Bastlersystem„. Viele Benutzer WOLLEN das System selber aufbauen und wollen die Option haben zu basteln. Dafür stellt der Hersteller eQ-3 viele günstige Komponenten zur Verfügung, die Gebastel ermöglichen.
Loxone setzt da eher auf Professionalität. Das System soll als Komplettsystem von einem Partner verbaut werden. Somit stellt Loxone sicher, dass das eigene System immer zuverlässig funktioniert. Alle Komponenten können aber auch im Webshop direkt beim Hersteller gekauft werden. Wer nachträglich rumbasteln möchte, kann das natürlich auch machen. Dadurch dass es z. B. ein Funk IO Modul gibt, eröffnen sich auch den Bastlern viele Möglichkeiten. Viele Basteleien, die bei Homematic nur schwer zu realisieren sind, liefert Loxone von Haus aus mit, wie z.B. eine Infrarot Schnittstelle für ältere TVs oder Multimedia Geräte. Teilweise werden damit sogar manche Homematic Bastellösungen hinfällig.
Sollte man auf die Idee kommen und die Konfigurationsoberfläche der CCU2 von Homematic mit dem Loxone Config Tool zu vergleichen, dann gewinnt Loxone haushoch. Aber dass die CCU2 nicht mehr so ganz dem Stand der Dinge entspricht, ist kein großes Geheimnis.
Fazit
Als eingefleischter Homematic User fällt es mir sehr schwer das zu sagen, aber Loxone ist schon ziemlich cool. Insbesondere die sehr leistungsfähige Konfigurationssoftware hat es mir angetan. Sie ist sehr Logisch aufgebaut, was einen schnellen Einstieg erleichtert. Hinzu kommen die gut platzierten Hilfeseiten innerhalb der Software (z. B. die Beschreibung der Logikbausteine).
Die Verwaltung der Geräte innerhalb der Baumstruktur und das Anlernen neuer Geräte geht sehr einfach und schnell. Werden mehrere Geräte gefunden, können alle sehr einfach nacheinander übernommen werden. Wird z. B. ein RGBW Controller nach einem Gerätescan angeklickt, blinkt die angeschlossene Lampe kurz auf, somit ist die Zuordnung kinderleicht.
Das Programmieren mit Blockdiagrammen geht sehr schnell und dient zeitgleich als Dokumentation. Es können beliebig viele Seiten mit verschiedenen Blockdiagrammen angelegt werden und später auf DIN A4 ausgedruckt werden.
Im Vergleich zu Homematic fallen die ganzen lästigen Wartezeiten der Weboberfläche weg. Auch gegen Raspberrymatic kommt Loxone in Sachen Geschwindigkeit gut an, da ein Wechsel zwischen Webseiten einfach nicht notwendig ist. Die Konfigurationssoftware zeigt immer alles, was benötigt wird.
Wer also basteln will, könnte mit Homematic zufriedener sein, insbesondere für Programmierer gibt es nach meinem Kentnissstand die besseren Schnittstellen. Wer einfach will, dass es funktioniert, wird wahrscheinlich mit Loxone glücklicher. Da das System an vielen Stellen einfach besser umgesetzt ist, fällt auch viel Gebastel weg (da wären wir wieder bei der Infrarot Schnittstelle).
Hi Philipp
Danke für den tollen Bericht und den fairen Vergleich zu Homematic.