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Günstiger AIS Empfänger mit DVB-T Stick – Sicherheit auf dem Wasser

Heute geht es mal in eine ganz besondere Richtung:  Günstige AIS Empfänger für Sportboote und Segelyachten für mehr Sicherheit auf dem Wasser. Was AIS ist, wie es funktioniert, was Ihr damit anfangen könnt und wie Ihr ein solches baut erkläre ich Euch Schritt für Schritt.

AIS DVB-T Stick an Laptop

Für alle, die sich auf dem Wasser  und Booten vertraut fühlen, ist AIS nichts neues. Viele scheuen allerdings die hohen Preise, der teils komplizierten Einbindung in vorhandener (teilweise älterer) vorhandener Hardware und der teilweise sehr unübersichtlichen Darstellung und Bedienung von Stand-Alone-Geräten und schrecken deswegen vor dem Kauf zurück.

Was ist AIS und wobei hilft es mir?

AIS steht für „Automatic Identification System“ und ist ein für Berufsschifffahrt (und manch größerer Privatschiffe) vorgeschriebenes Funk-Informationssystem welche Navigations- und Schiffsdaten zur Verfügung stellt, um die Schifffahrt sicherer zu machen. Diese Daten werden regelmäßig auf zwei redundanten Funkkanälen gesendet, um frühzeitig eine mögliche Kollision oder andere potenziellen Gefährdungen zu erkennen.

Für Sportschiffer, also solche die mit Ihrem Motor- oder Segelboot unterwegs sind, ist dies vor allem nachts und in dicht befahrenen Gebieten eine zusätzliche Hilfe zur Kollisionsvermeidung. Aber auch am Tag hilft es, frühzeitig der Berufsschifffahrt auszuweichen was dem Skipper ein gutes Gefühl gibt und nicht zuletzt der Sicherheit der ganzen Crew dient, da Kollisionen meist schwerwiegende Folgen haben.

Welche (hilfreichen) Daten werden gesendet?

Hier unterscheidet man zwischen „Static“ und „Dynamic“ Information:

Statische Informationen sind dem Schiff zugeordnete Informationen, wie z.B. Schiffsname, Rufzeichen, MMSI, Größe, Verdrängung, Schiffstyp (Tanker, Ausflugsschiff, etc.)

Dynamische Informationen sind veränderliche, für die Navigation relevante Informationen. Dort werden u.A. Informationen wie, aktueller Kurs, aktuelle Geschwindigkeit, In Fahrt oder vor Anker aber auch der Ursprungshafen und der Zielhafen angegeben.

Diese Daten werden abhängig von der Geschwindigkeit, des Schiffes und weiterer Parameter in unterschiedlichen Zeitabständen, nacheinander auf zwei redundanten Kanälen gesendet:

AIS 1 – 161,975 MHz (Kanal 87B)

AIS 2 – 162,025 MHz (Kanal 88B)

Darüber hinaus werden noch viele weitere Informationen versendet, welche aber im Wesentlichen nur für die Berufsschifffahrt von Bedeutung ist.

Die Reichweite beträgt von Schiff zu Schiff in der Regel bei günstigen Bedingungen ca. 20 Seemeilen (37 km.) Dies hängt natürlich von der verwendeten Antenne oder Antennenhöhe ab. Für den Sportschiffer sind aber auch 10 Seemeilen mehr als ausreichend, um auf herannahende Berufsschifffahrt reagieren zu können.

Nun zur Hardware:

Um ein Signal empfangen zu können, ist zunächst ein passender Empfänger inklusive Antenne Antenne notwendig. Hier bietet es sich an, auf eine Reihe von DVB-T Sticks, mit speziellen Eigenschaften, zurückzugreifen. Diese Sticks müssen RTL2832U & R820T Chipsätze enthalten und heißen unter anderem auch SDR Empfänger. SDR steht für „Software defined Radio“, was bedeutet, dass man die Empfänger via Software steuern (Frequenz, Bandbreite, Verstärkung, etc.) kann. Unser AIS Signal liegt bei ca. 160MHz und fällt damit unter den Bereich des UKW-Funks. Gesendet wird das Signal aus Redundanzgründen auf zwei Frequenzen:

AIS 1 – 161,975 MHz (Kanal 87B)

AIS 2 – 162,025 MHz (Kanal 88B)

Ihr benötigt  also einen SDR DVB-T Stick und eine geeignete Antenne. Was bei einer „Antenne“ geeignet ist, ist eine Wissenschaft für sich und hängt vor allem davon ab, was man erreichen möchte. Idealerweise verwendet man Lamda/4 Antennen, um den jeweiligen Frequenzbereich ideal und möglichst störungsfrei zu empfangen. Bei den angesprochenen Antennen liegt man bei ca. 45cm oder 90cm Antennenlänge. Für den ambitionierten Einsatz sicher zu empfehlen, gibt es einige Tutorials zum Eigenbau, oder eben eine UKW Antenne / AIS Antenne (meist kombiniert mit GPS) aus dem Fachmarkt. Nötig ist das meines Erachtens aber nicht unbedingt, da man schon mit kleinen universellen TV-Antennen eine gute Reichweite erzielt. In der Nähe des Rheins konnte ich damit Schiffe mehr als 20km entfernt empfangen, was bedeutet dass es auf See noch etwas mehr sein dürfte.
Wenn ihr in Küstennähe/ Gewässernähe (5..10km lebt) reicht für den ersten Erfolg eine normale „TV-Antenne“. Um sicher zu gehen, solltet Ihr natürlich so nah wie möglich ans Wasser…

Software & Installation

1. Zadig Treiber installieren

Wenn ihr beides (Stick + Antenne) verbunden habt und den Stick mit dem PC verbunden habt wird Windows zunächst einen Treiber installieren, den wir gleich ersetzen werden, da diese die SDR Funktionalität nicht unterstützt. Hierfür benötigen wir den „ZADIG-Treiber“, welcher die komplette Leistungsfähigkeit des verbauten Empfangsmodules abrufen kann.

  1. Zadig Treiber herunterladen (zum Beispiel hier)
  2. Installation starten
  3. Sicherstellen das „List all devices“ ausgewählt ist
  4. Bulk -In (Interface 0) und Bulk – In (Interface 1) nacheinander installieren
  5. Beachtet bitte, dass dieser Treiber  eventuell nur auf den aktuellen USB-Port wirkt, benutzt also immer den selben Port, oder wiederholt das Prozedere für die weiteren benötigten Ports, falls nötig

2. SDR# installieren

Als nächstes benötigen wir eine Software, die über den Treiber Euren DVB-T Stick steuern kann. Hier empfehle ich Euch die Freeware SDR# (gesprochen: SDR Sharp)

1. SDR# herunterladen (hier)

2. Installation starten

3. Folgendes Grundsetup einstellen und mit dem „Abspielen “ Button starten:

Verstärkung und Frequenzkorrektur einstellen:

Zunächst solltet Ihr eine mittlere Versträkrung einstellen, sodass ihr waagerechte Linien (AIS Signale) seht, aber noch nicht zu viel Rauschen (weiß und gelb). Nun müssen wir noch die Frequenzabweichung korrigieren. Dies liegt darin, dass der Empfangskreis nicht kalibriert ist und um einen gewissen Faktor (in ppm, also parts per million) daneben liegt. Hier liegen die Werte üblicherweise zwischen 30 und 90 ppm. Ihr müsst die Frequency Correction so lange erhöhen bis die Singnale mittig auf der Trägerfrequenz (im oberen Diagram grau hinterlegt) liegt. Wartet ca. 10 Minuten damit, damit die Elektronik ihre „Wohlfühltemperatur“ erreicht hat.

3. AIS Mon installieren

Nun haben wir eine robuste Grundeinstellung gefunden. Als nächstes müssen wir dafür sorgen, dass wir die AIS Signale decodieren können und diese zur Anzeige, beispielsweise auf einem Kartenplotter, bereitstellen.

Für die Decodierung benötigen wir das Programm AIS Mon (es gibt andere, diese sind jedoch komplizierter zu bedienen). Den Download findet Ihr hier.

Außerdem benötigen wir eine „Krücke“ um das Signal vom Empfänger und dem Programm SDR# zu dem AIS Decoder zu leiten. Hierfür benutzen wir ein virtuelles Audiokabel, welches das Signal als Audiosignal auf einen virtuellen Audioeingang leitet und vom korrespondierenden virtuellen Ausgang von dem AIS Decoder eingelesen werden kann. Ich empfehle Euch dafür das Programm „VB-Cable“ was Ihr hier herunterladen könnt.

Nun sicherstellen, dass beide Pegel auf 100% eingestellt sind (Windows Einstellungen/Sound):

Nun starten wir AIS Mon und stellen folgende Einstellungen ein:

In SDR# Folgendes:

Ihr solltet den Lautstärkeregler so einstellen, das in AIS Mon das Level im „Grundrauschen“ auf zirka 2/3 steht und bei eintreffenden Signalen nicht übersteuert.

Nun solltet Ihr in AIS Mon nach einiger Zeit mehrere AIS Signale empfangen haben. Dies und das Verhältnis von gültigen zu verworfenen Paketen könnt ihr ebenfalls erkennen. Hier könnt Ihr Feintuning betreiben, um den Empfang zu verbessern. Die wesentlichen Variablen sind dabei der Lautstärkeregler und die RF Gain (also Verstärkung) in SDR#. Wenn Ihr damit zufrieden seid, könnt Ihr entscheiden, wo Ihr die Daten bereitstellt. Zur Integration in ein bestehendes Bordsystem könnt Ihr die Daten seriell (z.B RS-485) ausgeben.

Wir beschränken uns allerdings auf die Ausgabe auf einem UDP Port. Hier könnt Ihr in einem definierten LAN natürlich jede beliebige IP Adresse / Port einstellen und diesen dann mit Eurem Plotter/-Software abrufen. Da ich aber davon ausgehe, dass Ihr die Plottersoftware auf dem selben Gerät z.B. Laptop laufen lasst, indem Ihr auch den DVB-T Stick eingesteckt habt, werden wir folgende IP/Port wählen:
127.0.0.1:1010
Dieses ist die Loopback-Adresse eures lokalen Hosts (in dem Fall Laptops). Diese wird nicht ins LAN geroutet, bleibt also „innerhalb eures Laptops“ und funktioniert unabhängig von dem LAN in dem ihr Euren Laptop betreibt.

4. OpenCPN installieren

Diesen könnt Ihr hier herunterladen. „Echte Seekarten“ welche für die Navigation auf dem Wasser geeignet sind (aktuell und geprüft), sind natürlich nur käuflich zu erwerben. Hier gibt es neben dem wohl größten Anbieter Navionics auch eine kostengünstige Alternative namens O-Charts, die ich Euch empfehlen kann. Für die meisten Binnenschifffahrtsstraßen (z.B. Rhein) gibt es kostenlos offizielle Karten, welche Ihr direkt aus Open CPN über den Chart Downloader herunterladen könnt. Ebenfalls könnt ihr euch grobe (ACHTUNG nicht zur Navigation geeignet) Karten bei OpenSeaMap herunterladen und einlesen. Natürlich könnt Ihr auch zunächst keine Karten laden, da eine ganz grobe Karte bereits Bestandteil von OpenCPN ist.

  1. Als erstes müsst Ihr Euren ungefähren Standort ermitteln und mittels Rechtsklick (auf der entsprechenden Position) eure aktuelle Bootsposition manuell festlegen (falls Ihr keine GPS Anbindung habt).
  2. Nun nehmt Ihr unter Optionen die Einstellungen vor. Um zu sehen, ob Daten ankommen, könnt Ihr „Zeige NMEA-Datenfluss“ anwählen. Sollte dem so sein, seid Ihr fertig und habt euren eigenen Low-Cost AIS Receiver gebaut!
  3. FERTIG!

Da Open CPN ein sehr mächtiges Tool ist und darüber unzählige Forendiskussionen das Internet füllen, verzichte ich auf weitere Erklärungen rund um diese Software. Die Dokumentation ist zwar in Englisch dafür aber sehr ausführlich und logisch aufgebaut.

Open CPN mit selbstgebautem AIS- Empfänger in Aktion

 

Zusammenfassung:

Hier nochmal eine Zusammenfassung der Komponenten die Ihr benötigt:

Hardware:

DVB-T Stick (SDR) mit Antenne

Aktiver USB Hub (falls USB Port nicht genug Leistung liefert)

USB 3.0 Verlängerungskabel (optional)

 

Software:

ZADIG Treiber

SDR#

VB Cable

AIS Mon

OpenCPN

Karten von Navionics

Karten von o-Charts

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